Wer schaltet besser um? Werder Bremen – FC Schalke 04, 0:3

Wir sahen das, was vermutlich die Blaupause für die mit diesem Spiel begonnene Saison ist: Zwei Mannschaften versuchen schneller umzuschalten als die jeweils andere. Schalke hatte dabei in erster Linie mehr Glück. Aber auch den Kopf und die Flexibilität sich an den Gegner anzupassen, als es brenzlig wurde. Die Raute von der Weser Werder spielt mit Raute. Dafür hat Viktor Skripnik in der vergangenen Rückrunde wieder gesorgt. Dabei sind Rauten eigentlich nie wirkliche Rauten, sondern immer eine Aufteilung der 4 Mittelfeldspieler. Meist gibt es dann entweder einen defensiven Mittelfeldspieler und drei offensivere (die 1-3 Aufteilung), oder drei defensive und einen offensiveren Mittelfeldspieler (3-1). Dabei sind die vertikalen Kanten also klar verteilt, der eine (hier Bargfrede) ist ein klassischer 6er. Der Andere (hier Bartels) ist oft ein 10er oder sowas in der Richtung. Das Verhalten der beiden Halbspieler daneben ist dann aber das interessante. Werder spielt mit einer sehr interessanten Asymmetrie in der Raute, darum sollte es vermutlich passender Parallelogramm heißen. Fritz zur rechten ist nämlich eher defensiv, Junuzovic zur linken dagegen deutlich offensiv. So pendelt Bremen gelegentlich von einer 1-3 Verteilung in ein asymmetrisches 2-2. Der Grund dafür war der Wunsch, das Mittelfeld zu beherrschen und gegen das Schalker Pressing hier den Ball zu behaupten. In Ballbesitz machten sich die Bremer in den Halbräumen und dazwischen breit und ließen die Flügel weitgehend frei. Ziel war es nicht den Ball zu flanken, sondern eine Lücke in der Verteidigung zu finden und den Ball durch zu stecken. Gelegentlich funktionierte das auch, wurden Löcher gefunden und Bälle durch gesteckt. Dass das Tor nicht getroffen wurde lag in der starken Schalker Endverteidigung und ein bisschen am fehlenden Glück. Es gab aber auch viele Pässe mit schlechtem Timing und Halbfeldflanken, die Schalke einfach abfangen konnte. Besonders Matip stach als Staubsauger heraus. Volle Kraft auf Schalker Flügel Schalke spielte von Beginn an wie schon im Pokalspiel vor einer Woche in einem 4-2-2-2, mit starkem Fokus auf die Flügel. Einer der Hauptaufgaben der Mittelfeldspieler war es die Flügel zu überladen und um Spielverlagerungen sauber weiterleiten zu können. Geis etwa, kippte immer wieder zwischen die Innenverteidiger ab. Er wurde aber auch stark auf dem rechten Flügel eingebunden. Auch Schalke richtete es sich schön in den Halbräumen ein, von da aus aber jeweils zum Seitenaus, statt in die Mitte. Dementsprechend wollte Schalker auf dem Flügel in die eine Richtung und Werder durchs Zentrum in die andere. Früh war klar, dass sich Bremen auf die weiten Diagonalverlagerungen eingestellt hat, die noch gegen Duisburg so erfolgreich waren. Darum wurde weniger steil gespielt, dafür aber auch über das Mittelfeld hinweg. Nur jeder zehnte lange Ball wurde entlang der Linie gespielt. Stattdessen gab es Dribblings, etwas klein-klein, und dann eine Verlagerung auf den anderen Flügel. Oder aber eben eine Hereingabe. Und auch hier muss das Wort Glück fallen. Denn mit ein wenig Umverteilung dessen fällt das Eigentor nicht, dafür hat Huntelaar schon einen Hattrick zur Halbzeit. Schalkes größtes Problem scheint in dieser Saison die Chancenverwertung zu sein. Und ja, ich bin mir bewusst diese Sätze zu schreiben nach zwei Spielen mit 8:0 Toren. Zwei Umschalter Beide hatten gehörig Respekt vor dem gegnerischen Umschaltspiel. Beide Mannschaften schickten ihre Außenverteidiger nur selten weit und beide blieben fast immer mit 4-5 Spielern in der eigenen Hälfte. Nicht zu letzt die beiden Stürmer, der sich beide Abwehrreihen gegenüber sahen, sorgten für dauernde Alarmbereitschaft. Das ist letztlich auch der Grund warum Sascha Riether spielte und nicht Junior Caicara. Es wurde eine komplette 4er Kette gebraucht. Da liegen die Vorteile sicher in der Erfahrung und der Sprache. Doch immer wieder ließen beide Mannschaften diese Deckung auch mal kurz runter und riskierten was. Fast immer endete es dann in einer Torchance. Hier jeweils die Situationen: Schalke versuchte am Raum zu verteidigen. Der Ballführende wird attackiert und Passoptionen systematisch abgeschnitten. Wenn jetzt aber plötzlich mehr Passoptionen als Abschneider da sind, kann’s Probleme geben. Gab’s auch häufiger. Bremen verteidigte eher Mannorientiert. Jeder Spieler hat seinen direkten Gegenspieler und passt auf ihn auf. Wenn jetzt aber alle Pärchen gebildet waren und da kommt plötzlich so ein Matip mit Ball anspaziert, stecken sie in der Zwickmühle. Matip attackieren und eigenen Mann frei lassen oder eigenen Mann weiter bewachen und Matip rumlaufen lassen? Zwei Tore kamen so zu Stande. Einmal Umstellen, bitte! Letztlich rannten beide Mannschaften gegeneinander an und kamen hier und da in brenzlige Tornähe. Irgendwann wurde es Breitenreiter zu heikel und stellte um. Vielleicht hat er sich auch vorgenommen das immer so nach etwa einer Stunde zu tun, jedenfalls wechselte er 8er für Stürmer ein und stellte auf 4-1-4-1 um. Später wurde Sané eingewechselt und Draxler ging in einem 4-2-3-1 noch auf die 10. Mit diesen Anpassungen zog Schalke auch ins Zentrum ein, konnte das Spiel aber gleichzeitig noch breiter machen um sich besser Chancen zu erarbeiten. Bremen schaffte es das Zentrum zuzustellen, hatte dabei immer Probleme mit der Breite. Im 4-1-4-1 konnte Schalke das besser bespielen. Früher zu wechseln hätte den Sieg vielleicht auch früher gerechtfertigt. Fazit Schalke gab insgesamt 16 Torschüsse ab, Bremen 15, beide davon jeweils 5 innerhalb des Strafraums mit dem Fuß. In einem Konterspiel ist die Ballbesitzstatistik sowieso uninteressant (58% für Bremen), aber insgesamt kamen bei Schalke nur 3 von 4 Pässen an. Die Zahlen zeigen, was ich oben schon beschrieben habe. Schalke war keineswegs 3 Tore besser als Bremen, hat zu weiten Teilen kein gutes Spiel gemacht. Zwar hatte Schalke ein leichtes Chancenübergewicht, deren Verwertung war aber nicht gut und auch Bremen schaffte es regelmäßig Lücken in die Defensive zu reißen. Um für solche Spiele in Zukunft gewappnet zu sein, muss Schalke besser mit gegnerischem Umschalten klar kommen und mit Ballbesitz schlauer umgehen. Ich bewerte das Spiel aber keinesfalls so schlimm, wie es hier gerade klingen mag. Schalke ist, das war in diesem Spiel deutlich sichtbar, noch in der Findungsphase. Es wird sich noch eingegroovt. Der Weg scheint aber sinnvoll. Und hält Breitenreiter die Flexibilität hoch, wird das was.

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